Das Projekt Bad Häring
Bad Häring - Kurort, Zementsteinbrüche, Kohlebergbau, ein seit Langem beliebtes Ziel von geologischen Exkursionen, und insbesondere bei
Paläobotanikern bekannt für Palmenblätter. Noch heute gibt es immer wieder Überaschendes für Sammler und Geowissenschaftler.
Die bei Exkursionen im Laufe von etwa 15 Jahren von A. M. Heyng gemeinsam mit vielen Freunden und Helfern zusammengetragene Sammlung umfaßt etwa 1450 meist horizontiert entnommene Funde und Proben. Nach der Inventarisierung wurde diese Sammlung im Januar 2009 an der Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München hinterlegt und steht unter der Sammlungs-Nummer BSPG 2009 II der wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung.
Bad Häring
Publikationen
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HEYNG, A.M., BUTZMANN, R., FISCHER, T.C. & GREGOR, H.-J. (2003): Die Oligozäne Flora von Bad Häring (Tirol) – Teil II: Illigeropsis ettingshausenii nov. gen. nov. spec. aus den Zementmergeln – ein neues exotisches Element im europäischen Paläogen. – Documenta naturae, 140, Teil 2: 1-33, 7 Abb., 8 Taf.; München.
Zusammenfassung
Aus den oligozänen Zementmergeln von Bad Häring (Österreich) wird das Vorkommen einer neuen Art der Familie der Hernandiaceen beschrieben: Illigeropsis ettingshausenii nov. gen. et spec. Die geflügelten Früchte kommen in marinen Ablagerungen des Oligozäns im neuen Bruch des Zementwerkes Bad Häring vor und belegen diesen vermutlichen Lianenvertreter im subtropischen Wald, der die Meeresküste begleitet haben dürfte. Weitere Reste von Landpflanzen und -tieren sind selten, ausgenommen einige schlecht erhaltene laurophylle Blätter und mehrere Insektenreste. Diese Fossilien belegen Strandnähe und, dass diese Blätter und Insekten, wie es auch heute oft vorkommt, auf das damalige Meer hinaus geweht wurden. Das Biotop an der Küste kann als subtropischer mesophytischer Wald bezeichnet werden, wie es damals in ganz Europa vorherrschend war.
Abstract
The Oligocene "Zementmergel" (Cement-marls) from Bad Häring in Austria yielded numerous winged fruits of a new taxon, an exotic member of the family Hernandiaceae: Illigeropsis ettingshausenii nov. gen. et spec. The marine sediments belong to the Werlberg member of the Häring Formation and are found in the new Bergpeterl-quarry of the Häring Concrete Company. Apart from this only poorly preserved fossils of indetermined lauraceous leaves and insects were found. The biotope along the coast can be reconstructed as a subtropical and mesophytic forest as it is common for whole Europe during the Oligocene.
BUTZMANN, R. & GREGOR, H.-J. (2002): Die oligozäne Flora von Bad Häring (Tirol) – Teil 1: Pflanzen aus den Bitumenmergeln und deren phytostratigraphisch-paläoökologisch-paläoklimatische Interpretation (Coll. Inst. Geol. Paläont. Innsbruck). – Documenta naturae, 140, Teil 1: 1-117, 6 Abb., 12 Tab., 25 Taf.; München.
Zusammenfassung
Beschrieben werden hier eine Blattflora und eine Karpoflora aus Bad Häring in Tirol (Österreich) Die Stücke stammen aus der Sammlung des Instituts für Geologie und Paläontologie in Innsbruck, die schon zu Lebzeiten von ETTINGHAUSEN und UNGER bekannt war.
Die Fundstelle fand ihren Niederschlag in ETTINGHAUSENs epochalem Werk „Die tertiäre Flora von Haering in Tirol" (1853). Unverständlich ist, dass die Flora bis heute als eine klassische Eozän-Flora galt. Stratigraphisch gehören die Häring-Schichten dem Unter- bis Mitteloligozän an. Phytostratigraphische Vergleiche mit anderen europäischen Blatt- und Fruchtfloren bestätigen dieses Alter.
Die Flora enthält 44 Taxa, wovon 27 identifiziert werden konnten. Sie gehören zu folgenden Familien und höheren Taxa: Fungi, Phycophyta, Equisetaceae, Gymnospermae: Pinaceae, Taxodiaceae, Cupressaceae, Angiospermae: Monocotyledoneae, Palmae, Smilacaceae, Ruppiaceae, Posidoniaceae, Cyperaceae, Myricaceae, Juglandaceae, Betulaceae, Ulmaceae, Lauraceae, Nymphaeaceae, Platanaceae, Rosaceae, Leguminosae, Simaroubaceae, Buxaceae, Rhamnaceae, Apocynaceae, Nyssaceae und Sapotaceae.
Das Arten-Spektrum von Bad Häring spiegelt einen mesophytischen Wald mit Auenwaldelementen wider und ist am besten mit der Flora von Kiscell (Ungarn) vergleichbar. Die Ähnlichkeit beider Floren und weitere Vergleiche rechtfertigen eine Zuordnung zum Unter- bis Mittel-Oligozän.
Wir stellen die Flora von Bad Häring in das Latdorfium bzw. das untere bis mittlere Rupelium (= unt. Kiscellium) der marinen Stufen. Das Klima kann als warm-temperiertes Cfa-Klima sensu KÖPPEN interpretiert werden.
Vielleicht können detailliertere Studien in Zukunfi die tektonische Problematik im Gebiet Häring und damit das echte Alter der Flora klären helfen, und es würde die Autoren nicht wundern, wenn die Flora eines Tages als Mittel-Oligozän eingestuft werden könnte.
Abstract
Newly described is a leaf- and fruit-flora from Bad Häring in Tirolia (Austria). The fossils belong to an old collection of the Tirolian Institute of Geology and Paleontology in Innsbruck, which was well known to old authors like ETTINGSHAUSEN and UNGER around 1856.
The fossil site and flora was published by ETTINGSHAUSEN by his famous "Die tertiäre Flora von Haering in Tirol" (1853).
Not quite clear is the misunderstanding of this typical oligocene flora as an "eocene" one by various authors. Phytogeographic comparisons with other European megafloras affirm the age as clearly Lower- to Middle Oligocene.
The flora yields 44 taxa of which 27 are identified ones. They belong to the following families and higher ranks: Fungi, Phycophyta, Equisetaceae, Gymnospermae: Pinaceae, Taxodiaceae, Cupressaceae, Angiospermae: Monocotyledoneae, Palmae, Smilacaceae, Ruppiaceae, Posidoniaceae, Cyperaceae, Myricaceae, Juglandaceae, Betulaceae, Ulmaceae, Lauraceae, Nymphaeaceae, Platanaceae, Rosaceae, Leguminosae, Simaroubaceae, Buxaceae, Rharnnaceae, Apocynaceae, Nyssaceae, and Sapotaceae.
The composition of the species allows to reconstruct a mesophytic forest with bottomland elements (Aue) and is best compared with the Kiscell-flora from Hungary, which is Oligocene in age - the Kiscell formation ranges from the Lower to the Middle Oligocene.
This comparison and other important ones put the Häring flora without doubt into the Lower Oligocene, perhaps drifting somewhat to the Middle Oligocene. As floristic zones miss in Europe in the Tertiary we cannot correlate the flora with marin stages like the Rupelium, the Latdorfium or the Kiscellium, but can say, that these mentioned ones are equivalent in age to our flora.
Perhaps more detailed studies will allow in the furture to understand the significant tectonic disturbances in the vicinity of Häring and the authors would not surprised, if the flora one day will prove to be younger, lets say Middle Oligocene.
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Archiv
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Palmwedel von Sabal raphifolia (STERNBG.) KNOBLOCH & KVACEK
R. Butzmann & H.-J. Gregor (Artikel 02.03.2009 - Archiv geomnia)
"Zu häufig vorkommenden Palmen von Bad Häring sei folgendes vermerkt: Im Gegensatz zu den italienischen Fundstellen S. Giustina (GREGOR & KNOBLOCH 2001) oder Bolca sind die Palmenblätter niemals größer als unterarmlang und bestehen meist aus abradierten Blattendteilen, also der Spreite und Resten der Rhachis. Morphologisch gehören die Reste von Bad Häring wohl eindeutig zur Gattung Sabal, wie es schon MAI & WALTHER (1978: 148, Taf. 49, Fig. 1-4) aus der Haselbacher Serie und aus dem Obereozän des Weißelster-Beckens beschrieben haben (MAI & WALTHER (1985: 133, Taf. 34, Fig. 1 und Taf. 35, Fig. 1-4). Diese Autoren sind näher auf die Problematik der Zuordnung zu den Palmengenera Trachycarpus WENDL., Chamaerops L. oder Livistona R.BR. eingegangen (ibid. S. 133-135) und haben sich aufgrund des stachellosen Stieles der Blätter und anderer anatomischer Merkmale zur Zuordnung zu Sabal ADANSON entschieden. Von dieser Gattung sind auch genügend Fruktifikationen bekannt geworden MAI (1976: 104-105).
Die von ETTINGSHAUSEN (1855) beschriebenen Palmen von Monte Promina gehören auch zu dieser Art (BUTZMANN 2000). Die als Flabellaria raphifolia STERNBG. (ETTINGSHAUSEN 1853: 30, Taf. 1, Fig. 1-9; Taf. 2, Fig. 1-6; Taf. 3, Fig. 1, 2), Flabellaria verrucosa UNG. (ibid. 33) und Flabellaria major UNG. (ibid.: 33, Taf. 3, Fig. 3-7) genannten Arten können hier alle als obige Art mitgeteilt werden."
(Publiziert in: BUTZMANN & GREGOR 2002: 25 - siehe auch Publikationen; übernommen mit freundlicher mündlicher Genehmigung)
Literatur
Ein Sinterkalk-Geröll aus dem Oberen Zementmergel
A. M. Heyng (Artikel 01.03.2009 - Archiv geomnia)
Die Oberfläche dieses Sinter-Gerölls ist durch Bohrschwämme und Bohrmuscheln (Lithophaga sp.) intensiv angebohrt (Bioerosion). Im Anschliff zeigt der Sinterkalk teils schichtigen Aufbau ("Lamellen") mit unterschiedlichen Wachstumsrichtungen sowie derb kristallisierte Bereiche. Es handelt sich demnach weder um einen Stalaktiten noch Stalagmiten, sondern um ein "verwachsenes" Stalagnat. Dieses wurde aus seinem ursprünglichen Bildungsraum (eine oligozäne (?) Höhle??) an die Küste des oligozänen Meeres transportiert und dort im Flachwasser gerundet und bioerodiert. Letztendlich gelangte das Geröll durch subaquatische Rutschungen in seinen tiefer gelegenen Ablagerungsraum, gemeinsam mit Wettersteinkalk-Geröllen und diversen Organismen-Resten (Bivalven, Schwämmen, Korallen etc.).
Bivalvia: Propeamussium bronni (MAYER, 1861)
A. M. Heyng (Artikel 03.03.2009 - Archiv geomnia)
Kurzbeschreibung
Schale sehr dünn und +/- glatt, mit sehr feiner, konzentrischer Anwachsstreifung (v.A. auf der rechten Klappe); Klappen klein und schwach gewölbt, von rundlichem bis hochovalem Umriß (abhängig vom Deformationsgrad), Ohren klein und +/- gleichförmig; in der Schaleninnenseite 10-12 radiale Innenrippen, fächerförmig vom Wirbel Richtung Ventralrand verlaufend, auf der rechten Klappe fast bis zum Ventralrand reichen, auf der linken Klappe vorher endend.
Abbildung 1: Propeamussium bronni (MAYER, 1861) aus dem Oberen Zementmergel, Schalen-Innenseite; Höhe der Klappe ca. 1,2 Millimeter (Bayerische Staatssammlung f. Paläontologie u. hist. Geologie, Inv.-Nr. BSPG 2009 II-029).
Abbildung 2: Propeamussium bronni (MAYER, 1861), Oberer Zementmergel, Außenansicht der Schale; Höhe der Klappe ca. 1,1 Millimeter (Bayerische Staatssammlung f. Paläontologie u. hist. Geologie, Inv.-Nr. BSPG 2009 II-866).
Notizen
Auftreten ab dem Unteren Zementmergel (über den "Aporrhais-Mergeln"), sehr häufig im Oberen Zementmergel, z.B. über der "Lithoschutt-Bank"; sehr oft auch doppelklappig. Gehört zu den häufigsten Bivalven im Olgozän von Bad Häring.
Verwandte Gattungen und Arten
Propeamussium semiradiatum (MAYER, 1861).
Literatur
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Aufschlüsse
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